Tiny House selber bauen? DIY oder Profi-Handwerker?

20. August 2019Marco Schaller

Können wir unser Tiny House selber bauen? Wir haben in den letzten Beiträgen wichtige Punkte für unser zukünftiges Domizil abhaken können. Die Frage nach der richtigen Tiny House Variante, die Kontrolle unseres Lebensstils, die Entscheidung einer autarken oder netzgebunden Strom- und Wasserversorgung sowie die wesentlichen Eckpunkte einer überwiegend mobilen Nutzung.

In diesem Artikel geht es jedoch um eine wichtige Frage der späteren Realisierung des gesamten Projektes: Wie soll unser Tiny House eigentlich gebaut werden?

Entdecken wir die Möglichkeiten

Drei Optionen lassen die Pläne zum Tiny House Realität werden.

  1. Wir geben den Auftrag an einen qualifizierten Tiny House Konstrukteur wie Tiny House Rheinau oder Tiny House Diekmann ab und nehmen einige Wochen später unser schlüsselfertiges Tiny House entgegen
  2. Ganz nach dem Motto „Selbst ist der Mann/die Frau/wer auch immer“ schieben wir die Ärmel hoch, spuken in die Hände (und waschen diese anschließend wieder) und schrauben uns unser eigenes Tiny House zusammen.
  3. Wir kombinieren die ersten beiden Optionen, d.h. wir legen selbst Hand an und investieren Arbeitszeit, lassen kritische Punkte aber von Profis erledigen.

Je nach Auswahl der Optionen verschiebt sich der Schwerpunkt innerhalb einer Relationsebene. Wollen wir Kosten sparen, müssen wir mehr Zeit investieren. Fehlt uns das Fachwissen (oder wollen wir es uns nicht erst langwierig aneignen), brauchen wir professionelle Handwerker. Und wollen wir möglichst zügig im Tiny House leben, müssen wir eben auch die Pobacken zusammenkneifen und auf Urlaub oder Freizeit verzichten. Andere Häuslebauer (unabhängig der Größe) kennen die Thematik und die Wechselwirkung von Zeit, Kosten und Qualität.

Heimwerker...

...oder...

Handwerker?

Tiny House selber bauen? Eine Sache zwischen Daumen und Zeigefinger

Als Erstes wird man bei der Entscheidung zwischen den oben genannten Optionen natürlich an die Baukosten denken. Das Tiny House selber bauen ist dabei die Günstigste. Vorausgesetzt man konstruiert richtig und muss in einer späteren Bauphase nicht erneut Geld für Reparaturen ausgeben. Lässt man sich dagegen das Tiny House schlüsselfertig von einem der bekannten Anbieter bauen, erreicht man schnell auch die Marke von 60.000€. Nach oben gibt es je nach persönlichen Wünschen keine Grenzen.

Aber es lassen sich auch innerhalb dieser professionellen Varianten günstigere Möglichkeiten finden. Zum Beispiel durch die Reduktion in der gewünschten Größe. Statt neun Metern Länge, kann auch ein Tiny House mit 7,20 Metern völlig ausreichen. Man kann sein Tiny House mittlerweile auch in unterschiedlichen Fertigungsstufen bestellen.

Wir könnten unser Tiny House also als Rohbau-Variante bestellen und den späteren Innenausbau selbst durchführen. Damit hätten wir zumindest ein professionelles und qualitativ hochwertiges Fundament und gleichzeitig würden wir (Arbeits-)Kosten sparen.

Heimwerker oder Handwerker?

Ob wir selbst Hand anlegen oder einen professionellen Handwerker beauftragen, hängt aber nicht nur von den Kosten ab. Auch die Qualität des späteren Bauobjektes ist für uns eine wichtige Komponente. Zudem verlangt die geplante Teilnahme am Straßenverkehr und das Zurücklegen zigtausender Kilometer pro Jahr einfach nach Zuverlässigkeit.

Nun sind wir aber keine geborenen Handwerker. Jenny hat keinerlei Erfahrungen im Hausbau und ich habe bisher bei Haus- oder Wohnungsrenovierungen nur assistiert. Meine alleinigen Glanzleistungen beziehen sich auf ein selbstgebautes Schuh- und Küchenregal sowie ein Bett aus massiven Holzbalken. Nicht die beste Ausgangssituation! Zudem wird mir im Freundeskreis gerne nachgesagt, ich hätte zwei linke Hände. Selbst wenn die Nachteile vermeintlich schwerwiegend sind, gibt es für uns einen großen Vorteil: Unsere Hartnäckigkeit! Keiner von uns beiden gibt auf, wenn er sich einmal an etwas festgebissen hat. Funktioniert der Weg zum Ziel nicht, ändern wir den Weg, aber nicht das Ziel.

Wir eignen uns das fehlende Wissen einfach durch Gespräche und Fragen im Freundeskreis an, nutzen die Fülle an Do-It-Yourself-Videos auf YouTube, werden Foren nach den besten Lösungen durchforsten und beziehen sogar die Auskunft von Baumarktmitarbeitern in die Überlegungen mit ein. Die Aussicht, unser eigenes Tiny House selber zu bauen, ist dabei eine ausreichende Motivation.

Muss man das Rad neu erfinden, um ein Tiny House selber zu bauen?

Die Fülle an anstehenden Aufgaben, um ein Tiny House selber zu bauen, ist größer als gedacht. Und je länger die Planung dauert, desto mehr kristallisiert sich heraus, dass wir nicht alle Teile des Tiny House neu erfinden können bzw. müssen. Die Suche nach platzsparenden Möbeln zeigt derart tolle Erfindungen, dass wir diese einfach adaptieren werden. In Kombination mit unseren Optimierungen wird daraus ein Objekt, welches personalisiert, schnell geplant und zu einem Bruchteil der Kosten realisiert werden kann.

Das AHA-Erlebnis lieferte das Bild eines Schreibtisches, der an der Wand befestigt und in zusammengeklapptem Zustand gerade einmal 10cm tief war. Dessen Arbeitsplatte gab, heruntergeklappt, den Blick auf Monitor und alle anderen Arbeitsgeräte frei. Auf der Webseite von Müller Möbel findet man diese Lösung in verschiedenen Varianten. Perfekte Kombination aller für uns notwendigen Vorteile: Klein, ermöglicht differenzierte Raumnutzung, alle Geräte und die Technik gut und sicher für die Fahrt verstaut. Was will man mehr.

Die erste Hürde überwinden

Trotz unzähliger Vorlagen, Anleitungs-Videos und Ansprechpartnern mit professionellen Tipps muss man eine innere Hürde überwinden. In unserem Fall war es die, aus der Vielzahl möglicher Lösungen zu entscheiden. Zudem dauert es gefühlt Ewigkeiten, bis wir einen Teilbereich in den Planungen abschließen konnten. Weniger wegen des Multitaskings, als vielmehr der Abhängigkeit der einzelnen Bereiche untereinander geschuldet. Sobald wir also etwas an unserer Stromplanung ändern, müssen wir alle anderen Punkte neu kalkulieren.

Größere Akkus bedeuten mehr Unabhängigkeit, aber auch mehr Gewicht.
Der Ladevorgang dauert länger, es denn wir vergrößern auch die Photovoltaik-Anlage.
Dadurch entsteht aber auch wieder mehr Gewicht, welches wir an anderer Stelle einsparen müssen.
Möglicherweise durch die Verkleinerung des Wassertanks, dass aber weniger Unabhängigkeit zur Folge hätte.
Und so weiter, und so weiter, etc.…

Alles in Butter? Noch nicht ganz

Nach all diesen Überlegungen, neuem Wissen und gestärktem Selbstvertrauen verbleibt ein letzter großer Zweifel, eine Frage, in mir.

"Was wäre, wenn durch fehlerhafte Planungen meinerseits andere Menschen verletzt werden?"

Ich würde es mir nie verzeihen, wenn unbeteiligte Menschen einen Schaden erleiden würden. Und doch möchte ich größtmögliche Eigenleistung in den Bau einfließen lassen. Nach langen gemeinsamen Überlegungen zu diesem Punkt haben wir einen vernünftigen Kompromiss gefunden.

Unser Tiny House wird als Wohnwagen zugelassen, um spätere Probleme oder Versicherungslücken beim Betrieb im Straßenverkehr auszuschließen. Für die erforderliche Abnahme werden wir das geplante Grundgerüst des Tiny House, das Holzbalken-Skelett, von einem gelernten Zimmermann auf Herz und Nieren prüfen lassen. Anschließend lassen wir die Statik vom einem Architekten abnehmen und bestätigen. Die Holzbalken-Konstruktion wird vom Zimmermann im Anschluss auf den Anhänger gebaut und fachgerecht verbunden. Wir werden in dieser Phase rein unterstützend und dokumentativ tätig. Dies garantiert eine professionelle Grundlage des gesamten Tiny House, welches wir später durch eigene Arbeit vervollständigen können. Bei dem Aufbau der elektrischen Anlage verfahren wir ebenso. Alle anderen Einbauten trauen wir uns, zum jetzigen Zeitpunkt, selbst zu.

Individuell, aber professionell und sicher

Dass der komplette Bau mit dem Erlernen neuer Techniken und viel eigener Handarbeit wohl länger dauert als geplant, ist uns bewusst. Dafür sparen wir Kosten, können unsere eigenen Ideen umsetzen und sind trotzdem auf der sicheren Seite. Vielleicht wird auch nicht jeder Handgriff perfekt sein. Ecken und Kanten haben ja auch einen gewissen Charme. Bestimmt kennen das auch andere Menschen, die ihr Tiny House selber bauen. Solange unser Tiny House nach Fertigstellung nicht mit einem Hundertwasser-Haus verwechselt wird, sind wir schon zufrieden.

Am Ende wird uns eine Konstruktion erwarten, welche geprüfte Auflagen erfüllt, komplett selbst entwickelt und zum Großteil selbst gebaut wurde. Ein mobiles Zuhause, ein Basislager, welches unsere Identität widerspiegelt und ein treuer Begleiter für künftige Entdeckungstouren sein wird.

Einfach… unser eigenes TINY HOUSE.

Bis zum nächsten Mal.

Marco & Jenny


Bildnachweise

  1. Weißer Schreibtisch (klein) Flatbox: Müller Möbelwerkstätten GmbH
  2. Weißer Schreibtisch (groß) Flatmate: Müller Möbelwerkstätten GmbH
  3. Alle anderen Bilder: Tiny House Tour

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